DINÇER GÜÇYETER

Dinçer Güçyeter, co adamek

Lesung am 25.03.2023

Als er 2022 den Peter-Huchel-Preis, die wichtigste Auszeichnung für Lyrik in Deutschland, erhielt, war das eine Sensation. Dinçer Güçyeter, Sohn türkischer Migranten, eines Kneipenbesitzers und einer Fabrikarbeiterin, machte eine Ausbildung als Dreher – das Dichten schien ihm also nicht unbedingt die Wiege gelegt. 2011 gründete er in Nettetal den Elif Verlag, einen der ganz wenigen Verlage, die heutzutage noch schwerpunktmäßig auf Lyrik setzen. Dieses Unternehmen finanzierte er u.a. als Gabelstaplerfahrer in Teilzeit. Anders als viele andere Autoren jedoch schämte er sich dieser Tätigkeit nicht, sondern propagierte sie sogar mit Stolz bei Facebook: Konsequenz dessen war eine Anthologie „Brotjobs & Literatur“, in der erstmalig literarisch Schaffende offenherzig über die Wege ihrer Existenzsicherung berichteten, natürlich inklusive Dinçer Güçyeter.

Er selbst veröffentlichte 2021 den Gedichtband „Mein Prinz, ich bin das Ghetto“, der schließlich die Zustimmung der Jury zum Peter-Huchel-Preis erhielt, er war als Preisträger Nachfolger so berühmter Autoren wie Ernst Jandl, Thomas Kling, Friederike Mayröcker oder Marcel Beyer. Güçyeter zeigt sich in diesen Gedichten als ein Dichter der Welt, der nicht abgehoben und ästhetisch verklausuliert auf das, was er wahrnimmt, reagiert, sondern konkret und eindringlich. So beschreibt er seine Erfahrungen zwischen Anatolien, wo seine Eltern ihre Wurzeln besitzen, und dem niederrheinischen Nettetal, wo er selbst geboren wurde.

2022 folgte sein Roman „Unser Deutschlandmärchen“, der große Aufmerksamkeit auf sich zog. Güçyeter erzählt hier eine vielstimmige Familiengeschichte, genauer gesagt: die Geschichte seiner Familie. Frauen mehrerer Generationen und der in Almanya geborene Sohn erinnern sich in poetischen Bildern, in Monologen, Dialogen, Träumen, Gebeten und Chören. Dinçer Güçyeter erzählt vom Schicksal türkischer Griechen, von archaischer Verwurzelung in anatolischem Leben und von der Herausforderung, als Gastarbeiterin und als deren Nachkomme in Deutschland ein neues Leben zu beginnen.
Aus beiden Büchern, dem Lyrikband wie dem Roman, wird Güçyeter in der Galerie amschatzhaus lesen, darüber sprechen und natürlich auch gerne Bücher signieren. Die Lesung findet in der aktuellen Ausstellung von Ada Blochwitz unter dem Titel „Gehege“ statt.

Moderation: Enno Stahl